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Daniela Janser: Kulturredaktorin bei der Wochenzeitung WOZ

Beschreiben Sie in einigen Sätzen Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit und was Sie daran besonders schätzen.

Ich arbeite als Mitglied der Kulturredaktion bei der Schweizer Wochenzeitung WOZ (www.woz.ch). Diese Kulturredaktion besteht aus sechs Leuten. Wir haben Fachgebiete, sind aber alle auch Allrounder:innen: Ich bin z.B. zuständig für Kunst und Theorie, schreibe aber auch über Literatur und Film. Nebst dem Recherchieren und Schreiben von Artikeln redigiere ich Texte von anderen Autor:innen und wir planen im Kollektiv gemeinsam die Kulturstrecke; während ca. 1,5 Monaten im Jahr bin ich ausserdem verantwortlich für die Produktion des Kulturteils. Letzteres geschieht in enger Zusammenarbeit mit Layout, Fotoredaktion und Abschlussredaktion.

Die WOZ ist genossenschaftlich und komplett egalitär organisiert: Zeitung und Verlag gehören uns Mitarbeitenden, was bedeutet, dass wir bei allen betrieblichen Fragen mitreden dürfen und müssen, und nebst unserer journalistischen Tätigkeit auch Aufgaben in der Selbstverwaltung übernehmen. Es gibt keine Vorgesetzten und einen Einheitslohn. Meine Arbeit ist deshalb ausgesprochen vielfältig und aufregend, ich schätze den Wochenrhythmus und die Freiheit, die wir dank der Selbstverwaltung haben. Schön ist auch, dass ich mich im ständigen Austausch mit den Kolleg:innen, nachdenkend und schreibend immer wieder mit den neusten kulturellen Phänomenen auseinandersetzen darf. Auch das Mitreden bei der Gestaltung der Gesamtzeitung in den wöchentlichen Sitzungen der Gesamtredaktion macht Freude.

Wie sind Sie zu Ihrem heutigen Beruf gekommen?

Nach Abschluss des Studiums konnte ich als Assistentin bei Prof. Dr. Elisabeth Bronfen am Englischen Seminar der Universität Zürich eine Doktorandinnenstelle antreten und nebst Tätigkeiten in der Lehre und Forschung meine Dissertation über die Rolle von Geiseln und Geiselnahmen für die US-amerikanische Literatur und Kultur schreiben. Danach habe ich das Feld gewechselt und war acht Jahre lang am Fotomuseum Winterthur zuerst als wissenschaftliche Mitarbeiterin, dann als Research Curator tätig. Dort habe ich für Ausstellungen recherchiert, Katalogbeiträge geschrieben und die Produktion von Ausstellungskatalogen koordiniert.

Seit Studienbeginn habe ich im Nebenjob als freie Journalistin Geld verdient, deshalb war es sehr naheliegend, mich vor sieben Jahren auf die ausgeschriebene Stelle in der Kulturredaktion der WOZ zu bewerben.

Welche Fächerkombination haben Sie an welcher Universität studiert?

Ich habe an der Universität Zürich im Hauptfach Anglistik mit Schwerpunkt amerikanische Kultur und Literatur, und im Nebenfach Germanistik studiert.

Was hat Sie zu einem Studium der Sprach- und Literaturwissenschaften bewogen?

Entscheidend war natürlich meine Liebe zum Lesen und zur Literatur, dazu kam eine grosse Neugierde auf Theorie und insbesondere auf kulturwissenschaftliche Ansätze. Letztlich treibt mich bis heute derselbe Wunsch, dieselbe Leidenschaft an: Ich will die Welt verstehen. Die Literatur bietet dazu den bestmöglichen Weg, weil sie analytisch, poetisch und lebensnahe zugleich ist und so mit grösstmöglicher Komplexität die Welt in ästhetisch und intellektuell anspruchsvolleTexte verwandelt. Gleichzeitig bleibt gute Literatur in ihrem Kern frei. Auch frei von Eindeutigkeit.

Was ist das Wichtigste, das Sie aus Ihrem Studium für Ihre berufliche Tätigkeit mitgenommen haben?

Das hartnäckig kritische Lesen und Dekonstruieren und der beständige Versuch, sich schreibend nicht nur verständlich zu machen, sondern auch selbst alles Mögliche besser zu verstehen. Die Lust am Denken und an Texten. Das Sich-Verbeissen in schwierige Fragestellungen. Das Nicht-Lockerlassen. Bei der Auseinandersetzung und Arbeit mit Sprache geht es immer ums Ganze, weil es letztlich kein Ausserhalb der Sprache gibt.

Welche Tipps geben Sie angehenden Studierenden der Sprach- und Literaturwissenschaft mit auf den Weg?

Lest soviel wie möglich und alles Mögliche. Versucht gleichzeitig, eine gute Schreibroutine und -praxis zu entwickeln: Lesen wie Schreiben sollten in diesen Fächern Alltag sein. Bildet Banden und lest zusammen Bücher, schaut Filme und Serien, besucht Kunstausstellungen und diskutiert zusammen darüber. Stellt euch vor, dass sich die Welt nicht nur beschreiben, sondern tatsächlich auch formen und verändern liesse.

Haben Sie weitere Bemerkungen zu Ihrem Studium, Ihrem Beruf?

Auch geisteswissenschaftliche Karrieren müssen nicht geradlinig verlaufen. Man kann unterschiedliche Sachen ausprobieren, in verschiedenen Feldern arbeiten, überall etwas dazulernen.

April 2023

Daniela Janser arbeitet als Mitglied der Kulturredaktion bei der Schweizer Wochenzeitung WOZ. Sie hat an der Universität Zürich Anglistik mit Schwerpunkt amerikanische Kultur und Literatur und im Nebenfach Germanistik studiert und anschliessend über die Rolle von Geiseln und Geiselnahmen für die US-amerikanische Literatur und Kultur doktoriert.